Den Namen Hermann Tecklenburg kennt am Niederrhein wohl jeder. Natürlich als erfolgreichen Bauunternehmer, der das Straelener Familienunternehmen nun schon in der sechsten Generation führt. Als Sportbegeisterten, der seinen SV Straelen sogar in die Regionalliga brachte oder als Präsident des KFC Uerdingen die Krefelder sieben Jahre mit „Tecklenburg“ auf der Brust auflaufen ließ. Den Ausflug in die Disco-Welt hat er beendet, aber seine „E-Dry“ in Geldern („Die größte Disco Deutschlands“) ist noch heute bis ins Ruhrgebiet hinein ein Begriff. Eine Begegnung mit Hermann Tecklenburg, dem Mann, dem man seine 71 Jahre nicht ansieht und der von sich sagt: „Ich lebe ein volles Leben.“ Und dem man das auch glaubt.
Jede gute Geschichte beginnt mit einem: Es war einmal . . .“ So auch beim Richtfest im Baustellenzelt im Neubaugebiet „Himmelblau“ Anfang August „Auf dem Zanger“ in St. Hubert. Dutzende junge Familien, viele mit kleinen Kindern, sind gekommen, um ihr künftiges Zuhause zu feiern. Vorn am kleinen Pult steht Hermann Tecklenburg und erzählt, wie er vor 55 Jahren als junger Maurer sein erstes Richtfest feierte. Und dabei mehr trinken musste, als ihm gut tat, und deshalb im Sandkasten gelandet ist. Tecklenburg hat die Hemdärmel hochgekrempelt, er spricht frei, es ist nun schon sein 299. Richtfest, wie er verrät. Und er tut das routiniert, versteckt sich nicht hinter dem Pult, sondern geht wie ein professioneller Conferencier auf sein Publikum zu. Man spürt, er hat Spaß an dem, was er hier tut. Und er gibt den jungen Familien das Gefühl, gerade etwas ganz Besonderes zu erleben. Und das ist es ja auch tatsächlich, das erste eigene Zuhause.
Seit nun schon 43 Jahren leitet Hermann Tecklenburg das 1878 in Straelen gegründete Familienunternehmen. „Ich bin der geborene Bauunternehmer“, sagt Tecklenburg. Schon als Kind fuhr er mit seinem Großvater die Baustellen ab, im „Tempo“-Dreirad da
mals, mit 14 nahm er selbst die Kelle in die Hand, zwei Jahre später legte er die Gesellenprüfung ab. Er durchlief das gesamte Unternehmen, das heute als „one-stop-shop“ alles rund um den Bau unter einem Dach bündelt, von der Planung über den eigentlichen Bau bis zur Vermarktung und Verwaltung. Tecklenburgs Objekte stehen nicht nur am Niederrhein, sie sind im Ruhrgebiet, im Bergischen Land und entlang des Rheins von Düsseldorf bis Ahrweiler zu finden.
Nun auch in Düsseldorf eine Niederlassung
Allein in den jüngsten sechs Jahren ist die Tecklenburg Unternehmensgruppe von 77 auf nun 123 Mitarbeiter gewachsen. „Wir haben natürlich wegen der niedrigen Zinsen einen Bau-Boom, den wir auch mitnehmen“, erklärt Tecklenburg das starke Wachstum. „Aber entscheidend war die Gründung unserer Düsseldorfer Niederlassung.“ Fast die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet inzwischen die Projektgesellschaft in der Landeshauptstadt, die von seinem Sohn Philipp geleitet wird. „Bis vor fünf Jahren waren unsere Objekte in der Größenordnung zwischen fünf und zehn Millionen, jetzt liegen wir zwischen zehn und 50 Millionen“, so Hermann Tecklenburg. Im Moment bewegt Tecklenburg ein Bauvolumen von rund 170 Millionen Euro.
„Ich finde den Job meiner Frau großartig.“
HERMANN TECKLENBURG über Martina Voss-Tecklenburg, National-Trainerin des DFB-Frauenteams.
Neben dem Bauen ist der Sport seine große Leidenschaft, nicht nur der Fußball, aber vor allem auch der Fußball. Schon als Zehnjähriger wurde er Mitglied beim SV Straelen, durchlief alle Jugendmannschaften und schaffte es als Spieler beim GSV Geldern sogar bis in die Verbandsliga. „Angefangen habe ich als Rechtsaußen und bin geendet als Linksverteidiger.“ Heute steht der SV Straelen, derzeit trainiert von der Ex-Nationalspielerin Inka Grings, unangefochten an der Spitze der Oberliga Niederrhein. „Der Aufstieg in die Regionalliga ist Pflicht“, sagt Tecklenburg, immerhin die vierthöchste Spielklasse in Deutschland mit Gegnern wie Alemannia Aachen oder Rot Weiß Essen. Bei allem finanziellen Engagement aber bleibt Tecklenburg auch Realist: „Regionalliga, mehr geht nicht. Die 3. Liga ist für uns keine Option.“
Die zwei Begegnungen mit Reiner Calmund
Hermann Tecklenburg war übrigens selbst einmal Trainer „seines“ SV Straelen, und unter ihm spielte ein gewisser Jos Luhukay, der wurde dann sein Nachfolger als Coach. Und als Tecklenburg Präsident in Uerdingen wurde, holte er Luhukay als Trainer nach Krefeld. Dessen erste Station im bezahlten Fußball, die ihn dann später nach Gladbach, Berlin oder jetzt St. Pauli führen sollte. Nach sieben Uerdinger Jahren wechselte Tecklenburg in den Vorstand von Fortuna Düsseldorf, auf Bitten des damaligen Oberbürgermeisters Erwin. „Da konnte und wollte ich nicht nein sagen.“ Auch weil er ja seine wirtschaftlichen Aktivitäten auf Düsseldorf ausweiten wollte. Und hier in Düsseldorf kam es dann nach einem Spiel im VIP-Bereich zu einer denkwürdigen zweiten Begegnung mit Reiner Calmund. Die erste einige Jahre zuvor war denkbar schlecht für Tecklenburg gelaufen. Aus Stolz hatte er damals einen 200.000-Euro-Scheck des Leverkusen-Managers für einen bei Abstieg vertragsfreien Uerdinger Stürmer abgelehnt. „Junge nimm‘ ihn, wenn ihr absteigt, kriegst du gar nichts“, hatte Calmund gesagt. Tecklenburg dagegen hoffte auf eine Millionen-Zusage aus Stuttgart. Aber am Ende stieg Uerdingen ab, Calmund hatte alles und Tecklenburg nichts – weder Stürmer noch Geld. Und dann trifft er in Düsseldorf wieder auf Calmund, der steht im Gang, und Tecklenburgs heutige Frau und damalige Lebensgefährtin Martina Voss begrüßt und umarmt ihn. „Ich konnte nicht ausweichen, der macht den Gang ja zu“, erinnert sich Tecklenburg. Aber praktisch und bodenständig wie er ist, umarmt er ihn dann einfach auch. „Drei Tage später sind wir essen gegangen, und daraus wurde eine schöne Freundschaft.“ Kurze Zeit darauf war Calmund dann sogar Trauzeuge bei seiner Hochzeit mit Martina Voss, der heutigen Bundestrainerin der Frauen-Nationalmannschaft.
Ein dickes Kompliment an Kempen
„Ich finde den Job meiner Frau großartig“, versichert Hermann Tecklenburg. Und so ist er nun auch regelmäßig bei den Spielen des DFB-Frauenteams mit im Stadion. So jüngst beim 8:0 im Qualifikations-Spiel gegen die Ukraine in Lemberg. „Wir sind extra einen Tag länger geblieben, um uns diese traumhaft schöne Stadt anzusehen.“ Aber seine Heimat bleibt der Niederrhein: „Ich bin Niederrheiner durch und durch.“ Und gefragt, was ihm denn Kempen bedeute, dann kommen nicht etwa seine Bau-Objekte zur Sprache wie z. B. das denkmalgeschützte Campunni-Haus auf der Thomasstraße 21.
Sondern: „Kempen ist für mich ganz klar die schönste Stadt am Niederrhein. Noch vor Xanten, obwohl die das größere Freizeitangebot haben“, so Tecklenburg, der dann aufzählt, was ihm an Kempen so gefällt: die wunderschöne Altstadt, der funktionierende Einzelhandel, die guten Restaurants und vor allem das Kino. „Und weil meine Frau und ich gern ins Kino gehen, sind wir einige Male im Jahr in den Lichtspielen am Buttermarkt.“
„Ich lebe ein volles Leben“
Wie er das alles unter einen Hut bekommt – das Bauunternehmen, das Engagement im Fußball und die notwendige Zeit für ein Privatleben? „Ich lebe ein volles Leben“, lacht da der 71-Jährige. „Ich leite meine Firma und treibe täglich Sport, um mich fit zu halten.“ Und er hat erkennbar Spaß daran, Spaß am Bauen, am Sport und an der Führung seines Unternehmens. Das Wort „Familienunternehmen“ ist ihm dabei wichtig: „Ich bin heute morgen zwei Baustellen abgefahren, die da arbeiten, die kenne ich alle mit Vornamen. Und die meisten sagen nur Chef zu mir.“ Ob er auch ein Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern führen könne, habe er sich gelegentlich gefragt. „Könnte und wollte ich nicht, ist mir zu anonym.“ Den Ausflug in die Gastronomie hat er zwar nie bereut, denn dabei sei er viel kreativer geworden. Aber als er im Profi-Fußball Funktionen übernahm, da habe er das bewusst beendet, weil er nicht als „Disko-König“ in den Medien auftauchen wollte. Denn: „Ich bin der geborene Bauunternehmer.“
Text: Eberhard Fehre
Fotos: b-14 Guido de Nardo, Tecklenburg